Im Bann uralter Bräuche
In der kalten Jahreszeit treiben finstere Gestalten in den Dörfern ihr Unwesen. Die wohl urigsten Formen davon kann man noch in Breitenbach und Alpbach sehen.
"Peaschtln" ist nicht gleich "Perchtl"...
In der kalten Jahreszeit treiben finstere Gestalten in den Dörfern ihr Unwesen.
Die wohl urigsten Formen davon kann man noch in Breitenbach und Alpbach sehen. Dabei sollte man die „Peaschtln“ aber nicht mit der „Perchtl“ verwechseln.
Mit der "Hex" von Bauernhof zu Bauernhof in Breitenbach
In der Ferienregion Alpbachtal gehören die schaurigen Gesellen zur kalten Jahreszeit, wie die Kerzen auf dem Adventkranz.
Überall in den Dörfern werden die alten Bräuche rund um die finsteren Gestalten noch gelebt und gepflegt. Aber Brauch ist nicht gleich Brauch. Denn während in manchen Orten die „Perchten-Gruppen“ mit der Zeit gegangen sind, hält man sich andernorts noch streng an das überlieferte Wissen. In Breitenbach und den Nachbarorten Angerberg und Mariastein liegt die Wiege des schaurigen Brauchs. Das zumindest behaupten das die Breitenbacher, die das „Peaschtln“ mit heiligem Ernst betreiben.
Plastiklarven und Feuerzauber sind dort verpönt. Stattdessen tragen die Breitenbacher originale Holzmasken und Bratschengewänder. Das augenscheinlichste Merkmal dieser Gruppen sind ihre kunstvollen Holzmasken, die Schnitzlegenden des Ortes mit viel Geduld und Erfahrung schufen. Nach uralter Sitte ziehen die Breitenbacher „Peaschtel Passen“, wie die Truppen mit bis zu 30 Mann und mehr genannt werden, angeführt von der Hex von Bauernhof zu Bauernhof. Dabei gibt es strenge Regeln. Alle Häuser werden in traditioneller Reihenfolge betreten. Die Hex voraus, dann die Trommler und die Blaser, zum Schluss die Hupfer mit ihren Glocken. Beim Verlassen des Hauses ist die Hex die Letzte – sie muss noch zusammenkehren, um das Haus vor bösen Geistern zu reinigen. Die neu ankommende Pass musiziert so lange vor dem Haus, bis die Hex der anderen Pass nach draußen kommt. So kann es schon mal sein, dass an einem Tag gut 20 Passen ein Haus aufsuchen. Während diese Tradition am 5. und 6. Dezember abgehalten wird, trifft man in Alpbach erst am 5. Jänner auf schaurige Gestalten.
Seltsame Begegnungen in Alpbach
Ein Ortsfremder, der am Abend vor Dreikönig in Alpbach unterwegs ist, sollte sich auf einige seltsame Begegnungen gefasst machen.
Denn am 5. Jänner sind hier die "Perchtln" unterwegs. Auch wenn der Name ähnlich klingt, so haben diese Gestalten eigentlich nichts mit den lärmenden Gruppen gemein. In Alpbach ist das "Perchtl-Gehen" auch nicht - wie so viele andere Bräuche in Tirol - in einem Verein organisiert. Und schon gar nicht handelt es sich um ein Spektakel, das der Öffentlichkeit präsentiert wird. Darauf legen die Alpbacher sehr viel wert. Und so weiß niemand, wie viele "Perchtln" am 5. Jänner unterwegs sind. Wenn es dunkel wird, ziehen die "Passen" von Haus zu Haus. Manchmal zu zweit, selten mehr als zu viert.
Bekleidet ist die Alpbacher "Perchtl" mit einem alten Gewand. Dazu gehört ein Hut, an dem ein Haufen "Werch" (Hanf) befestigt ist, sowie ein Besen. Wenn die "Perchtl" die Stube betritt, beginnt sie sofort zu kehren. Ein schnelles Schnapserl, Orangen oder ein paar Kekse - dann ist die "Perchtl", die normalerweise kein Wort spricht, schon wieder verschwunden. Ob sich ein junger Bursche oder eine Hausfrau unter dem Gewand verbirgt, das bleibt im Verborgenen. In seinem eindrucksvollen Alpbach-Buch zitiert Professor Wolfgang Pfaundler eine alte Schilderung über die Ursprünge des Perchtl-Brauches in Alpbach: "Zu Gömachten ... war es Sitte, die Überbleibsel des Nachtmahles für die Perchtel auf dem Tisch stehen zu lassen. Wenn die Leute zu Bette waren, kam sie mit ihren Kindern als ein steinaltes Weibchen und kostete von den Speisen. Die Perchtel ist die Frau des Pilatus und muss bis zum jüngsten Tag umgehen." In Wirklichkeit, so Pfaundler, waren es wohl hauptsächlich die Kinder armer Leute, die schon untertags von Hof zu Hof unterwegs waren, und unerkannt Kleider, gedörrtes Obst und Zelten sammelten.
Der uralte Brauch ist auch in einigen Zillertaler Orten verbreitet, wenn auch mit feinen Unterschieden. Aber in Alpbach wird die Tradition noch gepflegt, wie kaum anderswo. Das zumindest behaupten die Alpbacher.